Die liebe Bild

Im Juni sind über Schottland zwei Flugzeuge kollidiert. Also zumindest beinahe. 
Inzwischen hat Bild.de die Hintergründe dieses Vorfalls recherchiert. 


Der Zwischenfall passierte bereits am 23. Juni 2013. 
Die Details wurden jetzt aus einem Bericht der zuständigen Behörde UK Airprox Board bekannt, melden britische Zeitungen.
Zum Crash kam es nur deshalb nicht, weil die Piloten sich jetzt gegenseitig im Cockpit sahen und in buchstäblicher letzter Sekunde abdrehen konnten. 
Einer zog seine Maschine hoch, der zweite ging in den Sinkflug!
Bei dem Manöver befanden sich die Maschinen im kritischsten Moment nur gut 30 Meter voneinander entfernt!
Bild.de schlussfolgert:
Es waren nur Sekunden, die sie vom tödlichen Crash trennten.

* * *

Also zunächst einmal: 
Dass zwischen den beiden Flugzeugen nur noch gut 30 Meter lagen, ist korrekt. 
Allerdings war das nur dievertikale Distanz. Horizontal aber, und das verschweigt Bild.de, betrug der Abstand zwischen den beiden Maschinen noch über sieben Kilometer
Von daher ist es NICHT sehr wahrscheinlich, dass sich die Piloten "gegenseitig im Cockpit sahen"

Auch deshalb, weil laut dem Bericht (PDF, Seite 61) mindestens einer der Piloten das andere Flugzeug gar nicht gesehen hat.

Hätten die Leute von Bild.de sich diesen Bericht einfach mal selbst durchgelesen, statt bloß von den britischen Medien abzuschreiben, wären sie auch auf folgenden Satz gestoßen:
..... das Risiko einer Kollision bestand nicht.

Aber das hätte aus der Beinahe-Katastrophe eine Beinahe-Beinahe-Katastrophe gemacht und das hätte wohl nicht mal mehr Bild.de spannend gefunden.

* * *
Es geht aber noch besser:

Vor gut einem Jahr sind sich im Luftraum über Frankfurt zwei Flugzeuge ungewöhnlich nahe gekommen. 
Der Vorfall wurde daraufhin von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) überprüft, vergangene Woche hat sie ihren Untersuchungsbericht veröffentlicht.
"Bild" fasst ihn in der Frankfurter Regionalausgabe so zusammen:


Online widmete Bild.de dem "Schockbericht" gleich zwei Artikel, beide mit derselben Grafik illustriert:



Die Grafik zeigt die gefährliche Situation: Der Lufthansa-Airbus vorweg, der Aeroflot A 320 dahinter.
Der Abstand: an einer Stelle gerade mal 30 Meter.

In den Artikeln selbst klingt das schon ein wenig anders:

Es war laut Flugsicherung der "gefährlichste Zwischenfall im deutschen Luftraum" seit langem, der sich am 13. Dezember 2011 um 14.27 Uhr und 55 Sekunden rund 1500 Meter über Raunheim abspielte.

Die beiden Flugzeuge kommen sich immer näher, über Raunheim beträgt der Abstand der A320 zur gefährlichen "Wirbelschleppe" des riesigen Airbus gerade noch 30 Meter.

* * *

Der Abstand zur Wirbelschleppe betrug 30 Meter. Der Abstand zwischen den beiden Flugzeugen aber war laut Untersuchungsbericht erheblich größer. Vertikal waren die Maschinen nämlich knapp 61 Meter voneinander entfernt.

Ach so, und dann waren da noch 1.796 horizontale Meter zwischen den beiden Flugzeugen, die "Bild" ganz unterschlägt. 
Nach der Art, wie das Blatt rechnet, lägen Zugspitze und Mount Everest bloß läppische sechs Kilometer voneinander entfernt.

Unmittelbare Kollisionsgefahr hat zu keiner Zeit bestanden. Das steht auch explizit im 
Untersuchungsbericht  
Doch darüber verliert der "Bild"-Redakteur kein Wort.
Wie heißt es noch:
BILD, macht dir deine Meinung


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